Glücklich sein durch Selbstheilungskräfte
Glücklich sein durch Selbstheilungskräfte

Glück aktiviert die Selbstheilungskräfte - doch gibt es ein Rezept fürs Glücklichsein?

Zufriedenheit und Gesundheit sind die Grundlagen eines glücklichen Lebens, dennoch scheinen wir im Laufe des Lebens das Glücklichsein manchmal zu verlernen. Dabei ist es einer der wichtigsten Faktoren im Prozess der Selbstheilung. Wie können wir also unsere Selbstheilungskräfte aktivieren? Und können wir Glücklichsein üben?

Im Gespräch mit Glücksforscherin Maike van den Boom

Wie Glück und Selbstheilung zusammenhängen


Der Widersacher der Selbstheilung heißt in den meisten Fällen: Stress. Dazu kommen andere, den meisten Menschen bekannte Alltagsfallen, wie Bewegungsmangel und schlechte Ernährung. Wir sitzen viel, fahren mit dem Auto statt mit dem Rad und Essen ist für viele Nebensache und muss schnell gehen.

Hinter all dem Streben nach beruflichem Erfolg, einer funktionierenden Familie und der eigenen Selbstoptimierung oder Heilung verbirgt sich die simple, aber seltene Zutat unseres körperlichen und seelischen Wohlbefindens: Glück.

Glücklichsein, das weiß man aus vielen Studien, ist ein wichtiger Antrieb unserer Selbstheilungskräfte. Geist und Körper sind unauflöslich miteinander verknüpft, ohne die Heilung des ersteren, kann die des letzteren nie vollständig gelingen.

Doch wie bringt man wieder mehr Positivität in seinen Alltag, wenn einem gerade alles über den Kopf wächst oder eine Erkrankung Körper und Geist geschwächt hat? Und hilft ein trainiertes Lächeln wirklich auf dem Weg zu einem positiveren Mindset und damit zu einem gesünderen Leben?

Diese Fragen und wie man die eigenen Endorphinausschüttung wieder anregt, wenn es einem nicht gut geht und der Körper rebelliert, beantwortet uns die gefragte Glücksforscherin und studierte Kunsttherapeutin Maike van den Boom.

Frau van den Boom, wie definieren Sie Glück?

Unter Glück verstehen die meisten Menschen dieses Hochgefühl, das beispielsweise auftritt, wenn man frisch verliebt ist. Fragt man Menschen wie glücklich, beziehungsweise zufrieden sie sind auf einer Skala von null bis zehn, sind die „Zehner“ gerade in einem Hoch. Aber dieser Zustand kann auch gleichzeitig sehr anstrengend sein. Deshalb fängt Glück vielleicht schon früher an. Es gibt Experimente die zeigen, dass bei zu viel Glückshormonen auch der Verstand aussetzt, beispielsweise weil das Hungergefühl ausbleibt. Das ist also auch den Glücksforschern suspekt (lacht). Bei einem Score von acht, neun Punkten kann man jedoch davon sprechen, dass man ein glückliches Leben führt und dennoch imstande ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Mein Ziel ist es vor allem Menschen dabei zu helfen, sagen zu können: „Ich bin mit meinem Leben zufrieden.“

Können wir das Glücklichsein üben, um unsere Selbstheilungskräfte zu aktivieren?

Es gibt viele Übungen, mit denen man lernt, sich auf das Positive zu konzentrieren. Als kleine Hilfen im Alltag kann man beispielsweise sogenannte Dankbarkeitsübungen machen: Bei diesen gilt es sich zwischendurch immer wieder drei Dinge zu überlegen, für die man dankbar ist. Beispielsweise wenn man sich über etwas tierisch aufregt oder nicht abschalten kann, kann es schon hilfreich sein, sich immer wieder bewusst daran zu erinnern, was auch alles gut läuft und was einen glücklich macht.

Das klingt, als wäre das Rezept zum Glücklichsein gar nicht so kompliziert – wieso fällt es dann doch vielen schwer, glücklich zu sein?

Man kann nicht pauschal sagen, welcher Weg zum Glück der beste ist. Für manche ist es sinnbildlich eine Autobahn und für andere ein Feldweg, der zum Glücklichsten führt. Ein glückliches Leben gestaltet sich für jeden individuell. Aber für die meisten gilt, dass man nicht nur über kleine Veränderungen oder Rituale sein Glück findet, sondern auch immer wieder eigene Prioritäten im Leben hinterfragen muss. Die kleinen Räder dienen sozusagen nur der Feinjustierung, im Hintergrund drehen sich aber die großen Räder und die müssen auch in die richtige Richtung laufen. Das heißt, wenn man sich beispielsweise nur auf die Arbeit konzentriert, aber dabei soziale Beziehungen stark vernachlässigt oder Angst hat Entscheidungen zu treffen, kann das langfristig unglücklich machen.


Wie äußert sich das Glück denn körperlich?

Zufriedenheit oder eben Glück haben natürlich positive Auswirkungen auf den Körper, genauso wie andersherum Stress und Leid sich negativ auswirken. Beispielsweise führt Stress zu dickerem Blut, was Sinn macht für die Wundheilung, jedoch auch dazu führt, dass das Herz schlechter pumpen kann und zum Beispiel das Thrombose-Risiko steigt. Die meisten Aktivitäten, wie Sport, sich draußen in der Natur aufhalten oder mit anderen Menschen eine gute Zeit zu haben, führen dazu, dass wir uns nicht nur glücklicher fühlen, sondern sie tun auch unserem Körper und unserer Ausstrahlung gut.

Lässt sich die positive Wirkung des Glücks auf Selbstheilungsprozesse auch physikalisch erklären?

Das kann ich natürlich nur aus meiner Perspektive als Glücksforscherin sagen, nicht aus der eines Mediziners oder Biologen; allerdings ist es tatsächlich oft so, dass eine optimistische Erwartungshaltung im Falle einer Erkrankung den Heilungsprozess beschleunigen oder begünstigen kann. Man kann über Gedanken vieles steuern im Körper, positiv ebenso wie negativ. Es gibt aber keine Garantie für diesen Zusammenhang. Beispielsweise kann man das sogenannte Kuschelhormon Oxytocin als Nasenspray verabreichen und somit das Vertrauen und die soziale Bindungsfähigkeit des Behandelten steigern, jedoch ist auch das kein Garant für ein glückliches Dasein, sondern nur ein Hilfsmittel in bestimmten (z.B. medizinisch indizierten) Situationen.

Was hindert uns denn daran, glücklich zu sein?

Angst ist bestimmt einer der Hauptfaktoren. Angst vor der Zukunft, mangelndes Vertrauen gegenüber anderen Menschen und die Zuversicht, dass „alles wieder gut wird“, auch wenn es eine Zeit lang nicht gut läuft. Man muss allerdings bedenken, dass unser Gehirn darauf ausgerichtet ist, sich auf das Negative zu konzentrieren. Es gibt Erkenntnisse aus der Forschung, die ergeben, dass der Mensch drei mal so viele positive wie negative Erfahrungen machen muss, um sich an die guten zu erinnern. Aufgrund dieser Annahme sagt man auch, dass man jemanden bis zu fünf mal loben muss, bis es wirklich ankommt.

Was sagen Sie denn zu dem Tipp, dass man sich selbst im Spiegel öfter mal anlächeln sollte, um glücklicher zu sein?

Sich Mühe geben öfter zu lächeln, ist bestimmt nicht verkehrt. Allerdings muss man unterscheiden zwischen einem erzwungenen Lächeln, das von einem erwartet wird, wie beispielsweise von FlugbegleiterInnen oder KellnerInnen, und einem natürlichen Lächeln, das man jemandem schenkt, der es dann erwidert. Lächeln, weil der Arbeitgeber es von einem verlangt, macht glaube ich sogar eher unglücklich.


Grundsätzlich hat Lächeln aber schon eine positive Auswirkung auf unsere Psyche. „Mit sich selbst zu fühlen“ oder sich selbst wie einen eigenen besten Freund zu behandeln, steigert den Selbstwert. Das ersetzt aber nicht das Glücksgefühl, das man spürt, wenn man andere Menschen anlächelt und in den meisten Fällen eines zurückbekommt. Denn Lächeln aktiviert Areale im Gehirn, die ganz automatisch aktiv werden und das Glückshormon Dopamin ausschütten. Sich selbst anlächeln ist ein Zeichen von Selbstliebe und ein gutes Training, aber der wahre Stimmungs-Booster ist die Interaktion mit anderen Menschen.

Neben sozialen Kontakten, wie kann uns denn die Natur dabei helfen, glücklich zu sein?

Raus gehen, an der frischen Luft sein und die Natur um sich herum bewusst wahrnehmen ist ein absoluter Glücksfaktor und aktiviert dabei die Selbstheilung aus eigener Kraft.

An welchen Ländern oder Kulturen kann man sich denn diesbezüglich ein Beispiel nehmen?

Norwegen ist da ein gutes Vorbild. Dort verbringen die Menschen sehr viel Zeit im Freien und zwar auch bei jedem Wetter, getreu dem Motto „schlechtes Wetter ist eine schlechte Ausrede“. Natur im Zusammenhang mit Bewegung kann schon in kleinen Dosen zu einem erfüllteren Leben beitragen, dafür reicht oft schon ein zwanzigminütiger Spaziergang.

Die meisten Menschen streben danach, glücklich oder zumindest zufrieden zu sein. Darf ich auch mal unglücklich sein und wenn ja wie lange?

Tiefs und Krisen gehören zum Leben dazu. Sie sind sogar wichtig, denn ohne sie, entwickeln wir uns nicht weiter. Das heißt, wer nur auf „Wolke Sieben“ schwebt, bleibt stehen. Unglücklich oder auch mal schlecht gelaunt zu sein, kann dazu führen, dass man innehält und sich fragt: Was passiert gerade mit mir oder um mich herum? Aus Rückschlägen lernt man und geht, wenn man sie überwunden hat, gestärkt aus ihnen hervor. Doch auch von Leid gibt es verschiedene Abstufungen. Wie lange Krisen anhalten sollten, kann man nicht pauschal sagen. Das hängt auch davon ab, was der Auslöser war. Ich rate Menschen, die mich fragen, was ich an solchen Tagen mache, gerne: Früh schlafen gehen. Am nächsten Tag sieht die Welt oft schon anders aus.

Haben Sie noch mehr solche praktischen Tipps, die glücklich machen?

Ich hatte ja bereits die Dankbarkeitsübung angesprochen, bei der man sich regelmäßig drei Dinge überlegt, die einen glücklich machen oder auf die man stolz ist. Ebenso wichtig ist es aber, zwischendurch innezuhalten und Pausen zu machen. In solchen Momenten hilft es, tief durchzuatmen, die eigene Atmung bewusst wahrzunehmen. Ob man zur Entspannung meditiert, sich etwas leckeres zu Essen gönnt oder ein entspannendes Bad nimmt, muss jeder selbst für sich entscheiden. Ein guter Trick ist es auch, sich die Dinge zu notieren, die einen glücklich machen – in einem Buch oder auf Klebezettel am Kühlschrank – so erinnere ich mich selbst immer wieder an das Positive im Leben, auch wenn es kurz mal in Vergessenheit geraten ist.

Übungen für mehr Ausgeglichenheit und Harmonie

Wie Maike van den Boom beschreibt, lassen sich körperliche Reaktionen und somit auch das Glücklichsein über das Bewusstsein beeinflussen. Wir zeigen dir, mit welchen Übungen du mehr Ausgeglichenheit und Harmonie in deinen Alltag bringst:

1. Meditation

Um wieder mehr Positivität in das eigene Leben zu bringen, genügt es oft schon sich zu überlegen: Was fehlt mir? Wonach sehne ich mich? Um sich darauf zu besinnen, hilft es zwischendurch zu meditieren. Meditation bedarf keiner großen Verbreitung und muss auch nicht lange dauern. Eine Anleitung und ausführliche Informationen zum Thema findest du auch im Magazinbeitrag zur Achtsamkeitsmeditation.

2. Lachen

„Lachen ist gesund“, so sagt man, aber wie oft erinnern wir uns daran und probieren es aus? Sich selbst und anderen ein Lächeln schenken, wenn es das nächste Mal anfängt im Inneren zu brodeln. Klingt komisch, aber je mehr man sich damit beschäftigt, desto klarer wird: Lachen ist ein komplexes Thema – daher gibt es hierzu auch einen eigenen Forschungszweig, die Gelotologie. Die in den 1960er Jahren von William F. Fry begründete Wissenschaft beschäftigt sich mit den körperlichen und psychischen Aspekten des Lachens. Wenn wir lachen, schüttet unser Körper den Botenstoff Serotonin aus und unser Immunsystem wird angekurbelt. Infolgedessen produziert der Körper Abwehrzellen, die Anzahl der Stresshormone nimmt ab und die Selbstheilungskräfte des Körpers werden aktiviert¹

3. Heilströmen

Viel zu selten halten wir inne und hören in uns hinein. Unser Körper meldet sich dann mit klassischen Stresssymptomen wie Kopfschmerzen, Bauchweh oder Erschöpfungsgefühlen bei uns. Statt diese Anzeichen ernst zu nehmen und kürzer zu treten, versuchen wir sie mit schnellen Lösungen zu bekämpfen. Dies widerspricht jedoch dem Prinzip der Selbstheilung: Selbstheilung durch Entspannung, das ist auch die Grundlage der japanischen Heilkunst des Heilströmens². Hierbei legt man die Hände auf bestimmte Energiepunkte des Körpers um sogenannte Energieblockaden zu lösen. Dabei ist es nicht notwendig Druck mit den Fingern auszuüben, es genügt sogar, die Hände über den Punkten schweben zu lassen. Durch die Konzentration auf einzelne Punkte im Körper lösen sich Energiestaus und ein beruhigendes Wohlgefühl ist die Folge. Selbst eine bewusste Atmung für mehrere Minuten kann dieses „in-Schwung-bringen“ herbeiführen. Du hältst Energieblockaden und ähnliches für Unsinn? Versuch es trotzdem einmal: Der Schlüssel dieser Übungen liegt schlicht in der Ruhe und Konzentration auf dich selbst.

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